In unserer Reihe Gastkommentar schreibt die Kunstgeschichtsstudentin Juliana Lapin heute über die Vor- und Nachteile von Kunsthandel im Internet, über neue Online-Plattformen und wie Künstler davon profitieren könnten.  Kunsthandel online vs. offline.

In den Kunstakademien wimmelt es von jungen Künstlern, deren Kunst gesehen werden will. Gesehen werden reicht jedoch nicht und so suchen Künstler, frisch nach dem Studium und oft noch unerfahren im Verkauf ihrer Werke, nach Möglichkeiten, Käufer und Sammler für ihre Werke zu begeistern.

Der Kunstmarkt ähnelt allerdings einem Haifischbecken.

Möglichkeiten gibt es viele, aber welcher Weg ist der Beste? Nur wenige schaffen es bereits zu Beginn ihrer Karriere eine Galerie für sich zu gewinnen. Der Weg ist lang und die Kontaktaufnahme zu den begehrten Galerien schwierig. Wer sich da nicht schon während seiner Studienzeit ein schwarzes Buch mit Kontakten von Sammlern und Galeristen zulegen konnte, der muss andere Wege einschlagen.

Die Angebote von Online-Galerien und Verkaufsplattformen mögen für manche attraktiv sein. Artsy, Saatchi Online, Lumas, Yellowkorner & Co werben mit verlockenden Margen und versprechen einen schnellen Verkauf und eine damit einhergehende Steigerung des eigenen Marktwerts.

Alles nur heiße Luft? Ja und Nein.

Unter den Online-Galerien gibt es große Unterschiede. Wer behauptet, dass er eine Fotografie in einer offenen Auflage verkaufen kann und dabei eine Wertsteigerung erzielt, der hat die Regeln des Marktes nicht verstanden. Auf den vielen, oftmals von hunderten Künstlern überfluteten Plattformen versinkt der Einzelne buchstäblich. Was nicht heißt, dass Online-Galerien nur Nachteile haben. Ganz im Gegenteil. Wer sich online zeigt und seine Werke verkauft, ist weltweit präsent. Eine Umfrage des Kunstversicherers AXA aus dem Jahr 2013 ergab, dass 34 Prozent der internationalen Kunstsammler Werke auch online kaufen. Tendenz steigend. Auch viele Galerien, die offline agieren, warten nicht mehr darauf, dass Käufer zu ihnen kommen, sondern versenden Abbildungen der Werke per Mail an die Sammler. Das Potential ist also da. Aber wie schafft man es, Kunst online zu vermarkten ohne dabei die Fehler vieler Online-Plattformen zu machen, die ihre Künstler nicht auf lange Sicht unterstützen?

Egal ob offline oder online, der Künstler und seine Kunst müssen an erster Stelle stehen.

Geschieht der Austausch zwischen Künstler und Galerist nicht auf Augenhöhe, so hat eine Plattform schon von Beginn an die falsche Richtung eingeschlagen. Beide Parteien, Künstler und Galerist, müssen zusammenarbeiten. Das beinhaltet faire Verträge genauso wie einen persönlichen und steten Kontakt. Denn Online-Galerie bedeutet nicht zwangsläufig Anonymität; und das sollte es auch nicht. Im besten Fall geht es nicht nur um den schnellen Verkauf eines Werkes.  Vielmehr sollte man den Künstler begleiten, sein Werk im Sinne des Künstlers vertreten und jedem Einzelnen eine eigene und sichtbare Position innerhalb der Plattform geben. Die Auswahl von Künstlern und Kunstwerken sollte weder ausschließlich nach persönlichem Geschmack getroffen, noch allein an Verkaufszahlen ausgerichtet werden. Viel wichtiger ist ein harmonisches Portfolio, in dem Künstler und Kunstwerke sich gegenseitig ergänzen und bereichern.

Doch leider scheinen manche Online-Plattformen wenig Wert auf die Künstler und deren Werke zu legen.

Fotografien werden in dreistelligen Auflagen verkauft, und Prints von Unikaten zum Verkauf angeboten, in der Hoffnung so viele Exemplare wie möglich zu verkaufen. Der Künstler profitiert dabei meist nur einmalig, von der Freigabe seines Werkes für eine unbegrenzte Vervielfältigung. Doch ein rein auf Profit basierender Verkauf hat nichts mit tatsächlicher Galerietätigkeit zu tun, egal ob on- oder offline.

Einer der stärksten Kritikpunkte gegen den Kunstkauf im Internet lautet: Man muss ein Kunstwerk beim Kauf physisch und real vor sich haben, um es zu verstehen oder um davon berührt zu werden. Dagegen sprechen jedoch die Verkaufszahlen, die im letzten Jahr durch Online-Verkäufe erzielt wurden. Dennoch trifft ein Punkt zu: Kunst kaufen bedeutet, sich mit dem Werk auseinander zu setzen. Das kann in Form von Recherche oder einer Beratung geschehen. Das Kauferlebnis ist hier ein wichtiges Stichwort und beeinflusst noch immer den Großteil der kunstinteressierten Käufer.

Aber kann der Kunsthandel online überhaupt funktionieren? Natürlich.

Lumas und andere erfolgreiche Händler machen es vor. Für den Künstler stellt sich jedoch die Frage, was mit dem Verkauf erreicht werden soll. Wird er von der Online-Plattform langfristig unterstützt? Wird ein fester Sammlerstamm aufgebaut? Oder geht es nur um den Profit durch Reproduktionen? Als Online-Galerie sollte man den gleichen Anspruch haben wie konventionelle stationäre Galerien und immer im Kopf behalten, dass der Künstler und sein Gesamtwerk im Vordergrund stehen.

Juliana Romana Lapin studiert seit 2011 Kunstgeschichte und Philosophie, und seit 2014 zusätzlich Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Während ihres Studiums legte sie ihren Schwerpunkt auf zeitgenössische Kunst und Kunstmanagement. Gemeinsam mit Studienkollegen gründete sie 2012 das  Kuratoren-Kollektiv art.spiring und arbeitete für das Unternehmen Munich Artists. Für easywriters berichtet sie über Kunst und Kultur in München.

Juliana ist Pablo & Paul Mitarbeiterin der ersten Stunde und war als Kuratorin und Künstlermanagerin für uns tätig. Seit Juli 2014 absolviert sie ein Auslandssemester an der University of Sydney und berichtet für das Pablo & Paul Magazin aus Australien.

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