Der Designer und Fotograf Robert Götzfried inszeniert Orte, an denen normalerweise Trubel und Unordnung herrscht, als menschenleere Räume. Er möchte die Seele dieser Orte abseits ihrer vorgesehenen Funktionalität darstellen. Pablo & Paul traf ihn zum Pizzaessen an einer belebten Straße in München, um mit ihm über seine Reisen, Urlaubsfotos und seine aktuelle Fotoserie „Boulevard of Broken Dreams“ zu sprechen. 

Wenn ich groß bin werde ich… was war früher deine Antwort?

Walforscher. Wollte ich immer werden. Ich weiß nicht warum. Eigentlich komisch, weil ich schwimmen nie mochte.

Wie kamst du dann zur Fotografie?

Durch meinen Vater, der gern und viel fotografierte. Und dann natürlich durchs Studium und die Ausbildung. Ich habe Mediengestalter gelernt und im Anschluss Kommunikationsdesign studiert, mit Schwerpunkt Printmedien und Fotografie.

München ist in deinen Serien als Motiv sehr präsent. Wie wichtig ist dir München?

Ich bin schon wahnsinnig gern hier. Wahrscheinlich kann man viele Sachen überall finden, aber weil ich hier lebe, taucht München eben oft auf. Aber in den letzten Jahren habe ich viel außerhalb der Stadt gemacht, in Australien, auch in Bangkok und jetzt eben die Amerika-Serien. Aber klar, wenn man kurzfristig vor die Tür gehen will, um zu fotografieren, dann ist es eben München.

„Für mich ist fotografieren ein guter Ausgleich zu meinem stressigen Alltag.“

Für deine aktuelle Serie bist du in die USA, nach Tennessee gereist. War die Reise speziell für die Serie angelegt, oder eher privat?

Die Reise war in erster Linie ein Musiktrip mit meinem besten Freund. Aber die Kamera ist natürlich immer dabei. Wir waren nicht die ganze Zeit gemeinsam unterwegs, ich hab mir auch Zeit genommen, die einfach nur der Fotografie gewidmet war.

Du hast eben gesagt, die Kamera ist immer dabei. Fotografierst du denn auch noch privat, zum Beispiel im Urlaub? Und hast du Fotoalben, in die du Erinnerungsfotos einklebst?

Tatsächlich gibt es eigentlich keine Urlaubsfotos. Meine Frau sagt gerne, es ist lustig, wenn man meine Fotos anschaut, kann kein Mensch sagen, wo ich war.

„Diese App, IPhoto, die sich ja für sowas wunderbar eignet, ist bei mir unbenützt. Ich hab da keine Bilder drin.“

Die Münchner Serien wirken sehr konstruiert. Die geometrischen Formen spielen dabei eine große Rolle. Wie kommt es, dass den Fotografien deiner Reisen nach Bangkok, Australien oder jetzt eben Tennessee eine ganz andere Ästhetik innewohnt?

Es hängt immer auch davon ab, wie man gerade selber innerlich aufgestellt ist. Eine Stadt hat ganz bestimmte Vibes und man kriegt Sachen mit, schaut sich Museen an und spricht mit Leuten. Von Memphis gibt es so ein paar Buzzwords wie Sun Studios, Stax Records, Martin Guitars und an erster Stelle natürlich Elvis Presley. Vom Elvis Presley-Boulevard hat man, wenn man nicht da war, wahrscheinlich ein bestimmtes glamouröses, plüschiges Bild vor Augen und wenn man dann entlang fährt, sieht es gänzlich anders aus. Die Fotos sind ein Abbild von dem, wie ich die Dinge wahrgenommen habe. Deshalb auch die Bearbeitung.

„Memphis ist eine Stadt die seit den sechziger Jahren zerfällt, die der Sonne ausgesetzt ist, die vor sich hin rottet. So sind auch die Bilder bearbeitet, als vergilbten sie seit den sechziger Jahren in der Sonne.“

Tatsächlich wollte ich die Stimmung einfangen, die ich an dem Ort hatte. Wenn wir von geometrischen Formen sprechen, ist es natürlich auch immer ein Einfangen einer ganz bestimmten Stimmung. Die Stimmung in den Pool- und Kegelbahnserien ist konstruiert, ich denke sie mir aus und fange sie dann auch so ein.

In Tennessee musste ich mich der Atmosphäre vor Ort hingeben. Ich finde die Bilder auch nicht so unsymmetrisch. Auch hier sind Gebäude, ähnlich wie bei Australian Homes, sehr frontal fotografiert. Dadurch entsteht eine, wie ich finde, sehr stimmige Serie, die nicht nur darauf basiert, dass die Farbigkeit ähnlich ist.

In deinen neuen Arbeiten schwingt, anders als in vorangegangen Serien, eine sozialkritische Haltung mit. War dir das beim fotografieren selbst schon bewusst?

Natürlich ist zum Beispiel die Serie der Kegelbahnen auf den ersten Blick in keinster Weise sozialkritisch. Aber auf den zweiten Blick sieht das anders aus. Es ist alles sauber und wenn man diese Bahn anschaut ist alles toll.

„Aber dahinter sind meistens Vereinsheime, wo unendlich gesoffen wird, wo gesellschaftliche Entgleisungen stattfinden… also passiert hinter der Bahn was völlig anderes.“

Das ist schon eine Geschichte die bei mir abläuft. Die ist bei Bowling Alleys vielleicht ein stückweit subtiler. Wo es gut funktioniert hat war bei Australien Homes. Auch da sind die Häuser ja extrem clean und sauber. Nichtsdestotrotz sind die Vibes so, dass man denkt hinter dieser Fliegengittertür passiert nichts Schönes. Memphis ist natürlich ziemlich abgerockt, insofern ist es vordergründiger, aber ich würde nicht sagen, dass die älteren Bilder generell inhaltlich befreit sind.

Was sind denn deine nächsten Pläne? Hast du bestimmte Orte, die du auf jeden Fall noch fotografieren willst?

Ich werde demnächst nachts in einem Museum fotografieren. Da entdeckt man Dinge ganz neu und auch das Konzept Museum verändert sich. Jeder war schon mal im Museum, aber nicht nachts. Ich wünsche mir das schon lang und es ist relativ schwierig das dann auch in die Realität umzusetzen. Es muss sehr viel organisiert werden, wie bei den meisten Serien, die ich so mache.

All die anderen Serien sind natürlich auch Lifetime-Projekte, von den Tunneln über die Schwimmbäder bis hin zu den Kegelbahnen, das mache ich eigentlich immer und es kommt immer wieder was Neues dazu.

Exklusiv für artCard Inhaber bieten wir derzeit ein Foto von dir mit dem Titel Wattaburger an. Was gehört für dich auf einen richtig guten Burger?

Ich habe den besten Burger meines Lebens in Front Royal gegessen. Front Royal ist ein super Dorf. Der Burger war medium gebraten mit einer richtig guten Steaksoße drauf, Tomaten, Zwiebeln, ein bisschen Senf, Salat… Der Burger konnte aber auch nur so gut sein, weil die Leute so unendlich cool waren. Aber wenn ich das Rezept wüsste wär ich Koch und kein Fotograf.

Lieber Robert, vielen Dank für das schöne Gespräch!

 

Fotografien von Robert bei Pablo & Paul gibt es hier:

http://www.pabloundpaul.com/de/kuenstler/robert-goetzfried/

 

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