Das Neue Museum in Nürnberg präsentiert ihre Ausstellung: Gesichter. Ein Motiv zwischen Figur, Porträt und Maske.

Nichts macht uns unverwechselbarer als unser Gesicht. Es hilft uns bei der Kommunikation und bietet Fläche zum Ausdruck unserer Gefühle und Empfindungen. Aber das Gesicht stellt uns auch immer wieder vor Fragen zu unserer eigenen Identität: Wer bin ich? Was steckt hinter meinem Gesicht? Ist der Ausdruck, der sich darauf zeigt, auch echt?

Diesen Fragen versucht die Ausstellung mit Werken aus den letzten 30 Jahren nachzugehen. 22 prominente Künstler zeigen rund 50 meist mehrteilige Werke, die sich alle sowohl durch ihre Medialität, als auch durch ihre Herangehensweisen unterscheiden. Sie versuchen sich dem Thema Porträt zu nähern, einem Sujet, das eines der wichtigsten der Kunstgeschichte ist. Im Neuen Museum in Nürnberg können die Besucher in den nächsten Wochen (vom 20. März bis 21. Juni 2015) eine beeindruckende Ausstellung zu sehen bekommen, kuratiert von Dr. Melitta Kliege.

 

22 Künstler und 50 Werke – die Highlights

 

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Heidi Sill, die auch bei Pablo & Paul einige ihre Arbeiten anbietet, beschäftigt sich mit dem Thema der Haut. Skins heißt ihre Serie und meint nicht nur die Haut, sondern vor allem die Verletzungen von Personen. Die Künstlerin zeigt fünf großformatige Papierarbeiten mit Tusche. Als Vorlage zu diesen Arbeiten dienen Fotografien sowohl aus dem Zentrum für Brandverletzte in Berlin, als auch aus dem Brandenburgischen Institut für Rechtsmedizin. Sill legt bis zu 30 Fotografien übereinander, die sie an eine Wand projiziert und dann auf großformatige Blätter überträgt. Die Überlagerung der Formen der einzelnen Gesichter, die nur Umrisse, aber keine Gesichtszüge erkennen lassen, schafft Anonymität und die gezogenen Linien erfahren eine Ästhetisierung.

Ganz anders ist die Herangehensweise Cindy Shermans. Sie arbeitet mit ihrem eigen Körper, den sie durch Maskierung in Szene setzt und dann fotografiert. Doch hierbei handelt es sich keinesfalls um ein Selbstporträt. Vielmehr geht es um das Hinterfragen von Rollenzuweisungen und das Suchen der eigenen Identität. Das farbige Licht, die Masken und Puppenteile, führen den Betrachter in eine irreale Welt der Körperlichkeit.  Bruce Nauman hingegen nutzt seinen Körper als Material für seine Videoarbeiten und Performances aus den 70er Jahren. Das Medium des Films bietet einen ganz anderen Zugang zum Betrachter, der durch Wiederholung der Bewegungen mit der Körperlichkeit Naumans konfrontiert ist. Günther Förgs Skulpturen von 1996 zeigen wie die Arbeiten von Heidi Sill keine bestimmten Personen. Es geht ihm viel mehr um eine grundlegende Frage, wie plastisches Arbeiten aussehen kann und das Augenmerk wird auf das Unperfekte gelegt.

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Genauso unfertig scheinen auf den ersten Blick die Arbeiten von Eva-Maria Schön zu sein. Nach dem Schema Punkt, Punkt, Komma Strich spielt die Künstlerin mit unserer Wahrnehmung, durch die wir etwas Gegenständliches, in etwas fast Ungegenständliches hineinlesen können. Hierfür sind die fast 50 Arbeiten an der ganzen Wand verteilt, die durch einen Farbverlauf miteinander verbunden sind.

Mit der Frage der Identität setzt sich Roni Horn auseinander. Auf 32 Fotografien ist die Künstlerin selbst zu sehen, die sie alle aus ihrem bisherigen Leben zusammengetragen hat. Zu Doppelporträts gruppiert zeigen sie die Wandlungen der Künstlerin durch die Jahre hindurch und lassen Rückschlüsse zu, dass Horn unser Identitätsfindung als einen wandelbaren Prozess wahrnimmt. Wer wir sind ist offen und verändert sich über die Jahre. Der Bildtitel a.k.a. (also known as) deutet auch diese Interpretationsweise an.

Interessant ist auch die Videoarbeit von Candice Breitz, die in der gekürzten Fassung ein gleich gekleidetes Zwillingspaar im selben Raum interviewt. Das Paar wurde getrennt voneinander befragt und fasziniert durch die ähnlichen Antworten, die gleichen Gesten und den Habitus. Die Frage, die sich einem zwangsläufig stellt, ist wie Identität aussieht, wie wir Personen von anderen unterscheiden und was uns einzigartig macht.

Nürnberg ist immer eine Reise wert, doch für alle Kunstbegeisterten wird es sich doppelt lohnen. Die eigene Identität zu hinterfragen könnte kaum spannender sein.

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